Dienstag, 28. September 2010

Gustavs Bruder Manuel berichtet

Geschrieben von: Walter

28. September 2010
Manuel, der Bruder von Gustav war brummelig und rückte zunächst nicht mit der Sprache heraus.
Es sei ein recht hektischer Tag gewesen und er sei einfach fertig.
Heute bräuchte er 3 Ouzo und ich sollte ihn dann mit seinem eigenen Wagen nach Hause bringen.
Wie ich dann wieder nach Hause kommen sollte, das war ihm in dem Moment anscheinend egal.

Heute sei es mal wieder recht hektisch gewesen.
Erst hätte er seine Frau und deren Freundin nach Harburg zum Frühstücks-Klönschnack bringen müssen um danach noch ein Paket für Gustavs Frau von der Post am Bahnhof abholen zu dürfen.
Dann sei er zu Gustavs Hausarzt gefahren, um dem die Krankenversicherungskarte von Gustav vorzulegen und hätte bei der Gelegenheit auch noch ein recht wohlwollendes aber nichtssagendes Gespräch mit dem Herrn Doktor gehabt.
Der Herr Doktor würde so alle 14 Tage einmal im Pflegeheim nach Gustav sehen . . .

- Unter REHA stellt sich Manuel etwas Anderes vor. -

Morgen will Manuel bei dem Betreuer anrufen und "Druck machen".
Die Stichworte seien: Logopädie, Bewegungstherapie und auch ein Neurologe muß ran, um zu prüfen, was bei Gustav noch vorhanden ist, wo man dran arbeiten sollte und wo man Abstriche machen muß.

Später hätte er noch eine Tüte mit den T-Shirts für Gustav von dessen Frau abholen müssen, weil die sich nicht aus dem Haus traue und erst dann hätte er es geschafft, auch einmal nach seinem Bruder Gustav zu sehen.
Gustav sei ein wenig schläfrig, mürrisch gewesen und er habe fast kein Wort von dem verstanden, was Gustav so zu sagen versuchte. Er meinte, daß seinem Bruder möglicherweise auch das dunkle Regenwetter auf den Geist geht.

Oh, bevor ich das vergesse . . .
Ich halte hier im Tagebuch nicht jeden Besuch bei Gustav (oder mit seinem Bruder und Freunden) fest, sondern nur jene, von denen ich auch etwas Neues zu berichten habe.
Es gab viele Tage, an denen kein Fortschritt zu sehen war . . . und es wird noch viele solcher Tage geben.

Wir alle werden halt noch viel Geduld haben müssen.

Freitag, 24. September 2010

Ein Gespräch mit seinem Bruder Manuel

Geschrieben von: Walter

24. September 2010
Gustav weiß nichts von diesem Blog . . . und sein Bruder Manuel ahnt wohl nur, daß ich da irgendwo irgendetwas schreibe, weil ich mir bei den Gesprächen mit ihm immer wieder Notizen mache.
Da ist ein Grieche in der Nähe seiner Wohnung.
Es ist die Stammkneipe von Gustav gewesen.
Bei einem Gläschen OUZO schüttet Manuel mir dann sein Herz aus.

Heute berichtete er,

daß er am Vormittag bei Gustavs Frau in der Wohnung ein Treffen mit dem Betreuer von Gustav gehabt habe.
Das Gespräch sei längst überfällig gewesen.
Es wäre zufriedenstellend verlaufen und es konnten etliche irritierende Punkte geklärt werden.
Ich versprach Manuel auch, daß ich Gustav noch am frühen Abend besuchen würde.

Gustav hatte mal wieder seine drolligen 5 Minuten.

Er schaute ein wenig grimmig drein.
Als ich so gegen 19 Uhr in sein Zimmer kam, da fielen mir gleich die vielen weißen Flocken am Fußboden auf.
– Aha, er hatte da wohl mal wieder seine Windel auseinander genommen . . .

Der Pfleger bestätigte, daß Gustav, kaum eine Stunde nachdem man ihn neu gewickelt hatte, sich der Windel wieder entledigt hatte. Und neulich hätte er sogar seinen „Futterbeutel“ samt Ständer zu sich ins Bett gezogen.

Gustav hat auch ein neues Bett bekommen.
Es ist wesentlich niedriger, damit er sich nicht so sehr verletzen kann, wenn er mal wieder herausfallen sollte . . .

Daß Gustav inzwischen geistig recht gut drauf ist, kann man auch daran sehen, daß er darüber meckerte, daß dieses neue Bett etwas schmaler ist als das vorherige. Mir war das zunächst nicht aufgefallen, aber Gustav machte seinen Unmut darüber mit Gebrabbel und Gesten unmissverständlich klar.
Er wollte auch kein Fernsehen schauen und schien recht müde zu sein.
Dann zeigte er auf zwei verschiedene Stellen an der Decke und brabbelte etwas, aber ich verstand ihn nicht.
Irgendwann begriff ich und fragte ihn, ob ich die Lampe über dem Bett ausmachen sollte und er sagte „Ja“.

Irgendwann fragte er mich – mit einem kleinen Anflug von Lächeln im Gesicht –
„Wer bist Du?“
Ich antwortete: „Ich bin dein Bruder - Manuel“
Und Gustav erwiderte recht deutlich und mit einem fast listigen Blick: „Du bist der denkt.“
Da fehlte zwar ein zweites „der“ im Satz, aber der Knabe weiß tatsächlich, wer ich bin.
Irgendwann meinte er dann sinngemäß, daß ich auch die zweite Lampe in der Nähe der Tür ausmachen sollte, wenn ich gehe.
Das war seine Art zu sagen „Ich bin jetzt müde, du kannst wieder gehen und mach bitte das Licht ganz aus.“

Auf dem Flur sprach ich dann noch einmal mit 'seinem' Pfleger und der meinte, daß die MRSA-Keime sich nicht im Genitalbereich sondern in der Umgebung des Eintrittes des Schlauches für die Magensonde (in der Nähe des Bauchnabels) befänden . . . aber vielleicht sind sie ja auch gar nicht mehr da, man müsse mal einen neuen Abstrich machen.
- Ich bin gespannt, wann das wohl geschehen wird und auf wessen Initiative hin.

Mittwoch, 22. September 2010

Ein betreuender Hausarzt wurde gefunden

Geschrieben von: Walter

22. September 2010
Mein Besuch bei Gustav brachte heute wieder zwei Lichtblicke.
  1. Ein Harburger Arzt für Allgemeinmedizin (Hausarzt) betreut jetzt Gustav im Pflegeheim.
  2. Die Mund- und Nasenschutzmaske brauchen wir nicht mehr anlegen.
Eine nette Pflegeschwester sprach mich vom Flur aus an, als ich bei Gustav im Zimmer war. Sie meinte, daß die MRSA-Bakterien ja nur Genitalbereich wären und daß wir Besucher nur noch die Gummihandschuhe anzuziehen bräuchten.
Dazu muß ich allerdings anmerken, daß Gustav so ab und zu seine Windel in Stücke pult . . . in einem solchen Fall würde ich seine Hände eh nur noch mit Vorsicht berühren.

Die verzweifelte Geste eines Eingesperrten

Gustav war wieder etwas sehr unruhig und war auch nicht sehr gesprächig.
Er war mit seinem Fuß wieder am Tüteln mit der Bettdecke und packte sein linkes gesundes Bein auch immer wieder über das hochgesetzte Bettgitter. Er versuchte sich auch immer wieder zu der Bettkante an der Fensterseite rüber zu ziehen.
Er kam mir vor, wie ein Eisbär im Zoo, der am Ende seines kurzen Weges kurz seine Vorderpfote hebt, so als wolle er fühlen, was da im Raum vor ihm ist, sich dann umdreht und am anderen Ende das Selbe macht.

Ja, Gustav ist in seinem Bett eingesperrt und auch sein Geist arbeitet recht unruhig und versucht zu verstehen, was da mit ihm geschehen ist.

Sonntag, 19. September 2010

Von Unruhe getrieben. Warum?

Geschrieben von: Walter

19. September
Heute war ich wieder am späten Nachmittag bei Gustav.
Er war wieder einmal recht unruhig und fuhrwerkte mit seinem linken Bein herum und schob seine Bettdecke von einer Seite auf die andere.
Als er dann schließlich auf die Idee kam und sein Bein anwinkelte und sich dann auch noch die Plastik-Leitung (von der Astronauten-Nahrungsflasche zu seinem Bauch) über das Knie legte und Anstalten machte, sein Knie ein wenig zu strecken, da wurde mir doch ein wenig bange.
Der Knabe war drauf und dran, sich seine Magensonde aus dem Bauch zu reißen!

Ich versuchte, ihn davon abzubringen - zuerst hab ich es auf die sanfte Tour versucht und dann etwas energischer, aber er ließ nicht von seinem Vorhaben ab.
Ich wußte mir nicht mehr zu helfen und hab ihn angemotzt und wütend den Raum verlassen . . . soo, daß er das auch deutlich merken musste.
Aber das hat ihn auch nicht gerührt.
Deshalb hab ich ihm dann den Pfleger geschickt . . .

Was mag der Grund für diese zeitweilige Unruhe sein?
Fühlt er sich eingesperrt?

Donnerstag, 16. September 2010

Die Verlegung von Fuhlsbuettel nach Harburg

Geschrieben von: Walter

16. September, Donnerstag
Die Verlegung Von Alsterdorf nach Harburg erfolgte aufgrund einer Anregung der Familie von Gustav. Allerdings sollte der Termin so zum Ende September liegen.
Für seine Familie und auch für mich kam dieser Umzugstermin doch etwas plötzlich und recht turbulent.
Wenn ich der Schilderung eines seiner Brüder glauben darf, dann hat dieser Folgendes erlebt:
So gegen 15:15 Uhr rief sein Bruder Manuel beim Pflegeheim an und fragte nach, ob Gustav schon dort sei und erhielt die Bestätigung:
„Ja, ihr Bruder ist da und er liegt jetzt in Zimmer YY.“
Er fragte nach, wann er zu Besuch kommen könnte.
Die Antwort war: „Jederzeit".
Er kündigte seinen umgehenden Besuch an und fuhr mit dem Auto los.
So gegen 16:oo Uhr erschien er auf der Station im Pflegeheim und fand seinen Bruder dort nicht vor.
Die verantwortliche Pflegekraft gab dem Bruder die Auskunft, daß Gustav aus dem Bett gefallen wäre und leichte Kopfverletzungen erlitten hätte.
Zwecks Röntgenuntersuchung seines Kopfes wäre er in das Krankenhaus in Harburg gebracht worden.
Sie wären auch nicht darüber informiert worden, daß ihr neuer Gast zeitweilig recht unruhig sei und daß sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim in Fuhlsbüttel entsprechende "freiheitseinschränkende" Maßnahmen ergriffen worden wären.
Sie wären also auch gar nicht befugt gewesen, beide Bettkanten auf die volle Höhe hochzusetzen . . . solche Maßnahmen hätte sein Betreuer beim Gericht beantragen müssen.

Da riskiert man es dann halt und läßt den möglicherweise hilflosen Patienten lieber aus dem Bett fallen . . . oder liege ich da falsch?
.
Bezeichnend ist dabei, daß die Begleitpapiere beim Krankentransport von Gustav auf den Namen einer völlig fremden Frau lauteten und daß diese Papiere auch nicht aus dem Pflegeheim in Fuhlsbüttel stammten, sondern aus einem Krankenhaus im Osten Hamburgs.
Mit anderen Worten:
Das Personal im empfangenden Pflegeheim hatte vermutlich keine Ahnung, wen sie da so genau vor sich hatten, als Gustav ankam. Aber daß Gustav keine Frau war, das war ja an seinem 'Stutzer' (auch Schneuzer oder Schnurrbart genannt) unschwer zu erkennen - oder etwa nicht?

Aber das war noch nicht Alles.
Nach zwei Tagen fand man wohl in seinem Koffer noch weitere Papiere und man fragte seinen Bruder, warum der Rollstuhl denn noch nicht mitgekommen sei?
Nun, auch dieser Zettel, den der Bruder dann zu sehen bekam, lautete auf den Namen der besagten fremden Frau und nicht auf Gustav.
Wie gesagt, das war 2 Tage nach der Einlieferung von Gustav . . .
Jetzt hoffen wir nur alle, daß er auch die Medikamente der unbekannten Frau verträgt, sollte man ihm irrtümlich auch noch diese verabreichen.

Halleluja!