†
Du bist einen schweren Weg gegangen . . .
Die Apparate-Medizin machte es möglich
und Justizia sah mit ihren verbundenen
Augen unbarmherzig weg . . .
"Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Mein Gefühl der Ohnmacht, das bleibt, resultiert aus der Erkenntnis,
daß ich zeitweilig wie Don Quichotte mit einem Pflegesystem rangele,
das vom Ansatz her gut und sinnvoll ist, in der Praxis aber oft sinnlos,
unmenschlich, und unbeweglich.
Es ist ein Gefühl, als sähe ich bei einem Schiffsuntergang zu.
Ich kann nicht schwimmen, aber ich weiß ganz genau, welche
Rettungsmaßnahmen einzuleiten sind und erhalte auch zahlreiche
Hinweise, was ich noch zur Rettung tun könnte.
Nur, bis die Retter endlich kommen und gemächlich mit ihren Aktionen beginnen, ist das Schiff längst unter gegangen und die Menschen ertrunken . . .
Geschrieben von: Walter
Gustav schien heute im Kopf etwas klarer zu sein.
Die Mobilität ist ein wichtiger Bestandsteil im Leben eines Menschen.
Gustav hält es zur Zeit aber noch nicht aus, längere Zeit im Rollstuhl zu sitzen.
Wird er mit dem Rollstuhl in sein Zimmer geschoben und alleine gelassen, so besteht die Gefahr, daß er versucht, ohne Hilfe wieder ins Bett zu gelangen.
Noch hat Gustav seine volle Steuerungsfähigkeit nicht wiedererlangt.
Ein erneuter Unfall, wie der vom September 2010 könnte die dann unliebsame Folge sein.
Die vor kurzem von der Pflegedienstleitung angebotenen
zwei „Rollstuhltage“ halte ich nicht für sinnvoll.
Ein Pflegling wie Gustav braucht einen regelmäßigen Tagesablauf und nicht „heute so und morgen so“.
Unter Berücksichtigung der noch bestehenden leichten Schluckstörungen wäre es optimal, wenn er eine Weile vor den Mahlzeiten in den Rollstuhl gesetzt würde und dann zeitnah nach den Mahlzeiten die Gelegenheit bekommt, wieder ins Bett zu gelangen.Dieses würde auch die Unfallgefahr reduzieren (analog zu den hochgesetzten Bettgittern!). Ich denke da immer noch an den September im vergangenen Jahr, als er im Pflegeheim aus dem Bett gefallen war und ich ihn im Krankenhaus suchen mußte.
Ja, diese Sichtweise von Gustavs Bruder Manuel kann ich gut nachvollziehen.
Aber woher nehmen und nicht stehlen?
Es wurde mir mehr als einmal gesagt, daß es in diesem Pflegeheim ausreichend Pflegekräfte gäbe, aber die Realität spricht da eine ganz andere Sprache, wenn ich da nur an den Umgang des Personals mit Gustavs Schluckstörungen denke!
Geschrieben von: Walter
Irgendwie verstehe ich die Funktionsabläufe in diesem Pflegeheim, in dem mein Freund Gustav "wohnt" oder besser 'liegt' nicht ganz.
Jetzt darf Gustav zwar im Bett essen und trinken, aber dafür wird er kaum noch in den Rollstuhl gesetzt.
Ich hätte erwartet, daß man den armen Kerl jetzt zum Essen in den Rollstuhl setzt und in den Speisesaal schiebt . . . aber Pustekuchen! Er darf in halb liegender Position im Bett speisen und sich dabei dann auch gerne einmal kräftig verschlucken?
Irgend etwas stimmt hier nicht im Pflegeheim.
Aber ich bin hilflos, denn ich habe nichts zu sagen und nach einer 'Meckerei' seines amtlichen Betreuers ist er von einer Station dieses Pflegeheimes in eine andere Station verfrachtet worden . . . den Grund dafür kenne ich bis heute nicht, ich kann ihn nur erahnen.
Und Manuel fühlt in dieser Angelegenheit anscheinend genauso wie ich.
Hier ist noch ein (leicht anonymisierter) Auszug einer eMail von Manuel:
Jeder Mensch ist ein wenig bequem.Gibt es ein Pflegeprotokoll, aus dem hervorgeht, zu welchen Zeiten Gustav überhaupt in den Rollstuhl gesetzt wird?
Ein Rollstuhl ist unbequem.
Wenn ein Pflegling dann zum Essen nicht in den Rollstuhl gesetzt werden muß, so spart das dem Pflegepersonal ein wenig Zeit.
Dafür ist dann das oft überlastete Pflegepersonal möglicherweise auch dankbar.
Nur . . .
. . . im Bett verschluckt sich dieser Pflegling regelmäßig beim Essen, auch wenn er fast aufrecht sitzt.
Aber im Rollstuhl, mit leicht nach vorne gesunkenem Kopf, da hat dieser Pflegling zu Weihnachten gezeigt, daß er auch - ohne sich zu verschlucken - essen und trinken kann:
2 Stück Sahnetorte
4 Kekse
1 Tasse Kaffe (aus einer normalen Kaffetasse!)
1 selbstgepulte Mandarine
Und er hat sich nicht ein einziges Mal verschluckt!
Mein lieber Freund Gustav hat wieder eine Hürde genommen!
Er darf richtig essen!
Nun, die Magensonde hat er zwar immer noch zur Sicherheit und dadurch bekommt er noch zusätzlich ein wenig Nahrung und besonders Flüssigkeit. Aber seine Lebensgeister wurden vom Geschmack der noch ungewohnten Nahrung im Munde geweckt. Immerhin hatte er ja fast 7 Monate nichts zwischen die Zähne bekommen.
Bei der ganzen Sache ist nur ein großer Haken dabei:
Auf der sagenhaften Futterei anläßlich der Weihnachtsfeier soll er ja im Rollstuhl gesessen haben . . . jetzt aber bekommt er sein Essen im Bett serviert.
Dabei ist die Körperhaltung eine andere und dadurch verschluckt er sich jetzt auch des Öfteren.
Wenn ich Manuel richtig verstanden habe, dann wird Gustav jetzt auch kaum noch in den Rollstuhl gesetzt.
Warum?
Keiner weiß das so ganz genau und alle sind sie genau so zögerlich wie ich und mögen die Pflegekräfte nicht danach fragen.
Warum?
Vielleicht, weil sie alle sehen, daß die Pflegekräfte ihr Bestes geben und schlichtweg keine Zeit haben, so einen Pflegling zu den Mahlzeiten immer wieder in den Rollstuhl zu setzen?
Ein Glück, daß wenigstens der Hustenreflex bei Gustav funktioniert, denn sonst könnten die Pflegekräfte und auch die Besucher den armen Kerl mit der Futterei im Bett schwer schädigen. Die Stichwörter sind hier Dysphagie und Aspiration
Folglich ist die nächste Hürde zu nehmen:
Gustav muß es auch selbst wollen und fordern, daß er zu den Mahlzeiten in den Rollstuhl kommt.
Aber Gustav hat sich in den letzten 7 Monaten so sehr an das bequeme Bett gewöhnt, daß er die Frage eines Pflegers, ob er denn mal wieder in den Rollstuhl möchte, doch immer noch gerne mit "Nö, heute nicht . . ." beantwortet.
Wer kann es einem überlasteten Pfleger oder einer Pflegerin verdenken, wenn sie ihn dann nicht noch lange dazu überreden?
Hier ist noch ein passendes Video vom ZDF zum Thema Schluckstörungen